Ein Lob der Druckgraphik –
Das Graphik-Collegium Berlin e.V.
von Volkhard Böhm
Was war das wieder für ein Rummel in diesem Jahr 2017 anlässlich 500 Jahre Reformation. Mehr oder weniger wurde dabei auch der Entdeckung des Buchdrucks wenige Jahre vor Luthers Thesenanschlag und der Blüte der Druckgraphik in dieser Zeit gedacht. Ohne beide Ereignisse hätten sich das reformatorische und auch das humanistische Gedankengut nicht so schnell verbreiten können. Denn es war die Zeit eines Schongauer, eines Cranach, eines Dürer, der zum Nürnberger Humanistenzirkel gehörte und dessen Kunst sogar die großen italienischen Renaissancekünstler faszinierte, und Anderer, die damals auch eine „Revolution“ der Kunst entfachten. Nicht umsonst nennt man diese Zeit nach ihrem Bedeutendsten „Dürerzeit“.
Es war eine Hochzeit der Druckgraphik und ihr Ruf als demokratischste Kunst wurde begründet. Immer wieder haben gerade auch die Künstler der Druckgraphik in gesellschaftliche Debatten eingegriffen oder diese angestoßen, gesellschaftliche und politische Missstände benannt. Man denke an Goya, Daumier, die Kollwitz, Staeck oder Butzmann.
Die Kunst der Graphik, in der meist die Linie das Bestimmende ist, ist anders als die der Malerei: stiller, subtiler, meist kleiner im Format. Wie Dürer haben Bildkünstler aller Zeiten sich der Kunst auf Papier verschrieben, sie zur Meisterschaft getrieben und unvergessliche Werke hervorgebracht.
Wandbild an der Grundschule
Die großflächige, farbige Gestaltung von Wänden im öffentlichen Raum, orientiert am Muralismo, gibt es in Deutschland seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Besonders im Ostteil Berlins wurde diese Form der „Kunst am Bau“ für Wandgestaltungen, vor allem an Schulen, genutzt, um kalte, weiße Fassaden farbig zu gestalten.
Baugebundene Kunst verbindet Kunst und Architektur, zeittypische Formen und künstlerische Techniken und ist gleichzeitig eine vielfältige Stadtraumgestaltung.
Die Künstler*innen Karolin Hägele, Maja-Helen Feustel, Michaela Nasoetion und Georg Bothe schließen sich dieser Tradition an und haben diese mit ihrem partizipativen Projekt noch erweitert. Zusammen mit Schülerinnen der Klassenstufen 4-6 der Grundschule auf dem lichten Berg und der finanziellen Unterstützung, insbesondere des Sana-Klinikums, haben sie seit Beginn dieses Jahres ein Wandbild an der neu gebauten, 38 Meter langen Schulhofmauer erarbeitet und gestaltet.
Die Kinder der Schule konnten in einer vorbereiteten Umgebung der Entwurf-Workshops selbst bildnerische Elemente entwickeln, über die im Schülerparlament abgestimmt wurde und dann die Wand mit den ausgewählten Elementen bemalen.
Im Entwurf greifen die Künstler*innen die Farbgebung des modernen Schulmensa-Anbaus des Architekten Manfred Öller und der Schallschutzpanele am oberen Teil der Schulhofwand auf, zitieren Ornamente des historischen Gebäudes und kombinieren diese mit den Motiven der Kinder. Durch künstlerische Verfahren wie Cut out, Projektion und der Farbflächenzerlegung entstehen abstrahierte, flächige Formen, die mit Konturenzeichnungen und malerischen Fragmenten bildnerisch verwoben werden. So finden sich Gebirge, Blätter, Regenbogen, Tiere neben dem Treppengeländer und dem Ornament am alten Schulgebäude in dem Wandbild wieder. Es ist ein stimmiges Kunstwerk entstanden, das durch seine gestalterische Besonderheit und den partizipativen Erarbeitungsprozess in bester Weise geeignet ist, kulturelle und kreative Interessen der Schüler zu befördern und Impulse für weitere Aktivitäten zu geben sowie nicht zuletzt die Identifikation der Kinder und ihrer Familien mit der Schule zu vertiefen und in das Wohnumfeld hineinzuwirken.
September 2019