– Graphik, Zeichnung, Malerei –
Ausstellung vom 23. April 2021 bis 19. Juni 2021
STUDIO BILDENDE KUNST, John-Sieg-Str. 13, 10365 Berlin
Peter Hoffmann zu Abschied vom Winter
Experimentell: Auf einem Blatt Papier habe ich die Restfarbe auf meiner Druckwalze vom Holzschnitt ausgewalzt. Dann habe ich noch einen Pinsel mit gelber Farbe ausgestrichen und einfach mit anderen Farben weitergearbeitet. Nach Drehen des Blattes in die „richtige Richtung“ entstand der „Abschied des Winters“. Eine spontane Arbeit, zu der ich stehe.
Susanne Tank zu Lichtenberger Fenster
Eine von vier Arbeiten zum Thema „100 Jahre Lichtenberg in Groß-Berlin aus Künstlersicht“
Der gelb-rote Häuserblock in der Nöldnerstraße am S-Bahnhof Rummelsburg ist nicht zu übersehen. Den besten Blick auf die asymmetrische Fassade hat man vom S-Bahn-Fenster und vom Bahnsteig aus. Ich bin dort immer wieder vorbeigefahren, und je nach Lichteinfall ändern sich Farben und Schatten. Überschneidungen und Spiegelungen regen zu Ausschnitten an, die abstrakt und geheimnisvoll wirken.
Brigitte Lingertat zu Lesende, kniend
Während Corona- Zeiten habe ich, da die Druckwerkstatt geschlossen, alte Radierungen überzeichnet und übermalt. Das hier ist eine überzeichnete Kaltnadel, die wiederum auf eine Kuliskizze zurückgeht, die ich beim Aktzeichnen während einer Modellpause machte. Schnelle Situationsskizzen sind öfter der Anlaß für weiterführende Arbeiten.
Bärbel Ambrus zu Unendliche Weiten
Die Graphik zeigt einen farbigen Mehrplattendruck mit changierenden Ebenen, ähnlich einer Spektralanalyse. Der stille Scan geht in die Tiefe des Raumes. Ist solch ein Blick eine Momentaufnahme oder enthält er auch zeitliche Dimensionen?
Und überhaupt – ist da draußen noch jemand?
Wilfried Habrich zu Zeit die fortschreitet
Nachtkulissen leuchten auf
verträumtes Blau hält sich im Hintergrund
aus einem Fenster schlägt die Flamme der Zuversicht gehalten von den Wellen der Unvernunft
die Geschichte schreibt sich fort mit tanzenden Zeichen auf Millimeterpapier
Verbogene Rüststangen versuchen Sie festzuhalten – die fortschreitende Zeit
Uschi Krempel zu Ohne Titel
Anfang 2021 habe ich ein mir wohlvertrautes Thema aufgegriffen – das Spiel zwischenLinie und Form. Ich arbeite im Prozess, Farbigkeit und Dynamik entstehen. Trotz oder gerade wegen der zeitlichen Situation, entstand eine bewegte, leichte Komposition mit organischen Formen und einem Linienmuster; in Rot, Orange und Zitronengelb.
Karin Tiefensee zu Anders Sprechen Ia
In meiner Arbeit habe ich Flächen mit unterschiedlichen Strukturen bearbeitet, mal sich öffnend, ausufernd, bewegt, mal klar begrenzt. Eingefangen und verbunden sind sie mit Linien von ganz vorsichtig, tastend bis kräftig, dicht, intensiv und schwer. Alles durchzieht ein blaufarbenes Strichmedium wie eine sphärische Kommunikation.
Rotraut Kramer zu Träumen in Zeiten von Corona...
Ich habe vor 5 Jahren einen Abreiß-Kunstkalender geschenkt bekommen. Seitdem begann fast jeder Tag für mich mit dem Betrachten eines Kunstwerks und oft auch mit dem näheren Beschäftigen mit dessen Künstler. Die Werke, die mich besonders beeindruckten, hob ich auf, um später „irgendwas“ damit zu machen, denn für den Papiermüll waren sie viel zu schön… Das ist inzwischen eine Art Ritual für mich geworden, dem ich bis heute folge. Die pandemiebedingte Unmöglichkeit, an meinen Radierungen weiter zu arbeiten, brachte mir meine aufgehobenen Kalenderblätter wieder in Erinnerung. Angeregt durch Collagen anderer Vereinsmitglieder*Innen begann ich, es auch mit dieser für mich ungewohnten Technik zu versuchen. So „träumte“ ich mich durch die langen Monate der Pandemie u.a. mit: Paul Klee „Pflanze und Fenster„ 1927, Jeanne Mammen „Valeska Gert“ 1928/29, Maurice Denis „Abendrot“ 1892, Hermann Bachmann „Mutschekübchen“ 1956, Georg Schrimpf „Liegende Mädchen im Grünen“ 1930 und Michael Griesgraber „Expanding“ 2013. Letzteren Künstler habe ich in einem Prospekt gefunden und der Collagehintergrund entstammt einer Tageszeitung.
Georg Bothe zu Carbona not Glue XLVIII
Foto und Skizze entstanden beim ersten Strandspaziergang in Dänemark Mitte Oktober letzten Jahres – der zweite Lockdown nahte bereits. Der einzige, einwöchige Auslandsaufenthalt unter Corona-Bedingungen brachte eine erneute Hinwendung zum Thema Landschaft als Sinnbild für Weite bzw. Freiheit. Vielleicht einem Verdrängungsmechanismus geschuldet, war die Pandemie auf dem „platten“ Land doch sehr weit weg; vielleicht eine Reaktion auf das „enge“ Berlin, in das es wieder zurückging.
Die Betitelung relativiert den „Ausbruch“: Einfügen in die aktuelle Serie, die – unbeeinflußt von wechselnden äußeren Gegebenheiten – stur durchnummeriert wird.
Zu Hilmar Grey – Wollin, Dünenübergang
Es ist eine seiner letzten Arbeiten vor seinem Tode in diesem Jahr, die unser geschätzter Kollege Hilmar Grey noch für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. „So still und zurückhaltend wie er als Mensch war, ist auch seine Kunst. All seinen Graphiken ist gemeinsam: Es sind realistische Darstellungen, fast nüchterne Schilderungen, episch bis lyrisch mit romantischen Anklängen, allerdings ohne das Hinübergleiten in romantisch-hintergründige Stimmungen.“ V.B.
Brigitte Lingertat zu Skizzen zur Geburt. Versuch einer Annäherung
Erste Geburtsdarstellungen sind aus der Zeit 6000 – 4000 v.Chr. nachgewiesen. Darstellungen der Vulva sind bedeutend älter (ca. 30000 Jahre). Mit dem Entstehen des Patriarchats verschwanden Darstellungen der Geburt vollkommen.
Otto Dix zeichnete die Geburt seines Sohnes 1928. Frida Kahlo malte „Meine Geburt“ 1932. Seit sich im 20. und 21. Jh. immer mehr Frauen künstlerisch betätigten, rückte Geburt als Thema wieder in den Focus, vor allem in der Fotografie. 2018 stellte Carmen Winant 2200 Fotos zu Schwangerschaft, Geburt und Stillen im MOMA /New York aus, die erste Präsentation ausschließlich zu diesem Thema.
Der weibliche Körper war schon immer mein Thema. Da war es nur folgerichtig, dass ich, angeregt durch die Schwangerschaft meiner Tochter, 1985 anfing, Schwangere und Stillende zu zeichnen. 1989/90 hatte ich die Gelegenheit, in einer Klinik Gebärende und Wöchnerinnen zeichnerisch zu begleiten. Die Veränderungen 1989 in meinem persönlichen Leben rückten dieses Thema in den Hintergrund. Erst die MOMA – Ausstellung bewirkte, dass ich mich erneut der Geburt zuwendete. Mich interessiert vor allem das Körperliche, die Wehen und der Austritt des Kindes aus dem Körper.
Dies ist eine Auswahl kleinerer Skizzen, größere Arbeiten habe ich bis jetzt noch nicht gezeigt.
Peter Hoffmann zu Schachspieler
Mit einem Freund, der ein guter Schachspieler ist, arbeiten wir an einem Buch über das Schachspielen. Außer der Covergestaltung ergänze ich das Buch mit Grafiken und Zeichnungen. Für die Vitae wurden unsre Portraits benötigt. Also habe ich mich wieder im Zeichnen geübt. So ist der „Schachspieler“ entstanden.
Inge Gräber zu Potsdam, Säulen am Marktplatz
Beim ersten Anblick, mit dem langsamen Zuschreiten auf den Marktplatz in Potsdam, hat mich zunächst die vorherrschende Farbkomposition in einen Bann gezogen. Die gesamte Anlage des Bauensembles unter Einwirkung des Sonnenlichts und strahlend blauem Himmel haben mich zu dieser Arbeit inspiriert.
Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst,
seien Sie herzlich willkommen zur Jahresausstellung 2021 des Graphik-Collegium Berlin e.V. im Studio Bildende Kunst in Lichtenberg
Wir hatten Anderes erhofft, aber leider ließ auch diesmal die Corona-Pandemie keinen Ausstellungsbesuch, keine Vernissage, wie wir sie gewohnt sind, zu. Und tatsächlich gibt es ja immer wieder Überlegungen, ob man unter solchen Bedingungen überhaupt eine Ausstellung machen sollte. Es fallen so manche aus oder werden immer wieder verschoben.
„Ohne Kunst & Kultur wird’s still“ – mahnende Stimmen von Künstlern, Kulturschaffenden und Kreativen.
Wir wollen nicht, dass es still wird, wir wollen uns nicht unterkriegen lassen, wir wollen das Beste daraus machen.
Es waren und sind ungewöhnliche, je schwierige Zeiten: Regelmäßigen Werkstattbetrieb lässt die Pandemie nicht zu, das Drucken von Graphiken war den Künstlerinnen und Künstlern nur sehr eingeschränkt möglich. Nicht alle haben ein Atelier, wo sie in Ruhe ihrem künstlerischen Schaffen nachgehen können und manche Arbeit ist in diesen Zeiten vielleicht am Küchentisch mitten im Familientrubel entstanden. Für die einen ergab sich die Zeit, sich nochmal mit früheren Arbeiten und Themen zu beschäftigen, für andere der Anlass, sich etwas Neuem zuzuwenden.
Die Mitglieder des Graphik-Collegiums zeigen vorallem in letzter Zeit entstandene Werke aber auch frühere. Ganz sicher ist: Die Kreativität hat sich nicht unterkriegen lassen.
Kurz vor Ende war doch noch ein persönlicher Besuch – unter Auflagen – und auch eine Finissage möglich. Wir wollen Interessierten, die diese Möflichkeiten nicht nutzen konnten, noch online die Gelegenheit geben, die Arbeiten zu sehen.
Wir danken hier auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kulturrings, des Studios Bildende Kunst für ihr Engagement, ihre Unterstützung.
Und wir wünschen allen, die uns online oder analog besuchen, allen Widrigkeiten zum Trotz viel Freude an einer spannenden und abwechslungsreichen Ausstellung.